Fenchel-Anchovis-Salat, Religion und Individuum

Interreligiöse Bemerkungen zu Ayad Akhtars „Geächtet“

Ist die Religion, ist der Islam ein Gegenentwurf zur abendländischen Geistesgeschichte? Hat sie „das Individuum ins Zentrum des Universums gerückt und einen Kult aus dem persönlichen Ego gemacht“? Welche Bedeutung hat Religion in einer angeblich aufgeklärten Zeit? Trifft „Geächtet“ überhaupt die angesprochenen Religionen, findet hier ein interreligiöses Gespräch statt oder unter der Decke dieses Themas eine zwischenmenschliche Auseinandersetzung?

Kontroverse Gespräche über Religion und Religionen haben eine lange Tradition. Während in alten Zeiten ausgewählte Religionsgelehrte scharfsinnige Diskussionen führten, sind in der Gegenwart religiöse und interreligiöse Gesprächsthemen durchaus auch durch individuelle Erfahrungen eigener Lebensgeschichte und Lebenswirklichkeit in einer religiös pluralen Gesellschaft geprägt. Bei einem Abendessen kann Einigkeit über die hervorragende Qualität des als Vorspeise gereichten Fenchel-Anchovis-Salates bestehen, sich doch aber ein scharfer Streit über Religion, zumal den Islam – ist der Koran „ein einziger, ganz langer Hassbrief an die Menschheit“? – entwickeln, ein Streit, in dem Religion und Religionen mit den sie kritisierenden oder befürwortenden Individuen verbunden werden. So führen gegensätzliche Meinungen zu menschlicher Feindschaft, die Gewalttätigkeit nicht allein in weltpolitischen Dimensionen, sondern auch im privaten Bereich auslöst. Zwischenmenschliche Probleme, Karriere- und Eheprobleme, werden in diesem Streit offengelegt und eskalieren. Das Individuum bleibt einsam zurück.

Wallgraben Theater
Das kleine Schauspielhaus in Freiburg

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